Raumakustik beruht auf der Reflektion von Schallwellen. Geräusche oder Stimmen werden so lange an den Oberflächen reflektiert, bis sie ihre Energie verloren haben. In der modernen Architektur kann das dauern. Die verwendeten Baustoffe haben so genannte schallharte Oberflächen. Glas, spiegelnde Steinböden, glatt verputzte Wände, Stahl und Aluminiumprofile werfen den Schall immer wieder zurück. Ein Übriges tun Möbel mit Klavierlack-Oberflächen oder Leder. Je länger der Prozess dauert, desto schlechter wird die Akustik. Ab einer Nachhallzeit von mehr als 1,2 Sekunden setzt sogar körperliches Unbehagen ein.
Der Teufelskreis der Schallausbreitung lässt sich mit einem ebenso schlichten wie dekorativen Mittel unterbrechen: mit Textilien. Teppiche und Polsterflächen, Deko-Schals und Vorhänge, Plissees und individuell gestaltete Akustikbilder sind ideale Schallschlucker. An ihren weichen, verformbaren und porösen Oberflächen absorbieren sie die Schallwellen und wandeln sie in Wärmeenergie um.
Falten erwünscht
Schon ein einziger Vorhang kann Wunder bewirken. Die locker hängenden Stoffe nehmen die von Boden, Wand und Decke abgestrahlten Schallwellen auf. Dabei sind voluminöse Gewebe mit einem strukturierten Design wirkungsvoller als solche mit einer glänzenden, metallartigen Satin-Struktur. In Falten liegende Vorhänge haben einen besseren Effekt als glatte Flächen. Und eine ganzflächige Fensterdekoration bringt ein besseres Ergebnis als etwa seitlich angebrachte schmale Deko-Schals.
Ähnliches gilt beim funktionelleren Sonnenschutz. Gefaltete Systeme wie Raffrollos und Plissees haben eine größere Oberfläche, an der Schallwellen absorbiert werden können, als Rollos oder Flächenvorhänge.
Effektive Teppiche
Hochflorige Teppiche sind ebenfalls gute Schallabsorber. In den abstehenden Fasern sind große Mengen an Luftteilchen eingeschlossen, die Schallenergie durch Reibung in Wärmeenergie umwandeln. Die Wirkung hängt auch von der Textilfaser ab. So ist Wolle aufgrund ihrer natürlichen Bauschigkeit ein idealer Schallschlucker. Die leichte Kräuselung der Schafshaare schafft die Porosität, in der sich viele Frequenzen verlieren. Im Gegensatz dazu sind Kunstfasern glatt. Sie bilden weniger Luftzwischenräume aus als Wolle. Einen wirkungsvollen Absorptionseffekt können sie aber trotzdem erzeugen – der Flor muss nur ausreichend dicht sein. Außerdem nimmt auch die
Rückenbeschichtung eines Teppichs Hall auf.
Wichtig bei der Auswahl des Teppichs ist auch dessen Größe. Als grobe Faustregel rechnet die Teppichweberei Paulig in Schwarzach (Main), dass wenigstens ein Drittel der Bodenfläche mit einem textilen Bodenbelag bedeckt ist.
Absorber mitten im Raum
Auch Polstermöbel können die Raumakustik positiv beeinflussen. Textilbezogene Sessel, Liegen und Sofas absorbieren erheblich mehr Schallwellen als mit Leder bezogene. Durch die offene Struktur eines Gewebes kann der Hall in die tiefer liegende, verformbare Polsterung dringen, wodurch der Absorptionseffekt zusätzlich verstärkt wird. Und auch im Hinblick auf die Raumgestaltung hat das Textil Vorteile. Die Stoffauswahl ist enorm. Echte und falsche Unis, dezente und opulenten Designs, reduzierte Farben und moderne Kolorits lassen der eigenen Kreativität freien Lauf.
Design mit Wirkung
Bisher im privaten Wohnen wenig bekannt, aber hoch effektiv, sind Akustikbilder, freistehende Stellwandelemente oder Schiebeflächen. Sie dienen vor allem der Absorption tiefer, energiereicher Frequenzen, wie sie etwa durch die menschliche Stimme entstehen. Für die Absorption dieser Wellen sind poröse Oberflächen nicht ausreichend – die tiefen Schwingungen werden in erster Linie durch schwingende Bauteile abgebaut. Rahmenkonstruktionen mit speziellen Absorbereinlagen nehmen sowohl sehr hohe als auch sehr niedrige Frequenzen auf. Sie werden auf Maß gefertigt und mit robusten und leicht zu reinigenden Textilen bespannt. Neben unifarbigen Bespannungen setzen die Anbieter auch individuelle Motive auf die Akustikbilder. Das Bild vom Traumstrand zeigt dadurch gleich mehrfach Wirkung. Wichtig ist nur, dass es an der richtigen Position hängt.